
Drüsiges Springkraut: So nutzt du diese umstrittene Bienenweide richtig für deine Völker
Drüsiges Springkraut: So nutzt du diese umstrittene Bienenweide richtig für deine Völker
Das Drüsige Springkraut spaltet die Gemüter wie kaum eine andere Pflanze. Während Naturschützer es als schädlichen Eindringling bekämpfen, ist es für viele Imker ein wahrer Lebensretter im späten Bienenjahr.
Diese rosa blühende Pflanze kann große Mengen Honig liefern und schließt die gefürchtete Trachtlücke im Spätsommer.
Lies weiter, um zu erfahren, wie du das Beste aus der Springkraut-Tracht holst und gleichzeitig ein umweltbewusster Imker bleibst.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist das Drüsige Springkraut und warum ist es so umstritten?
- Die rechtliche Situation: Was Imker wissen müssen
- Warum das Springkraut für deine Bienen Gold wert ist
- Völkerführung bei Springkraut-Tracht: So machst du es richtig
- Verantwortungsvolle Nutzung: Dein Beitrag zum Naturschutz
- Fazit: Fluch oder Segen für deine Imkerei?
Was ist das Drüsige Springkraut und warum ist es so umstritten?
Das Drüsige Springkraut stammt ursprünglich aus dem Himalaya und kam 1839 als Zierpflanze nach Europa. Diese imposante Pflanze kann bis zu 3 Meter hoch werden und ist damit die höchste einjährige Pflanze in Europa.
Die "Bauernorchidee" erobert Europa
Früher nannte man das Springkraut liebevoll "Bauernorchidee", weil es auch einfache Leute sich als prächtige Gartenpflanze leisten konnten. Seine rosa bis purpurroten Blüten, die an einen englischen Polizistenhelm erinnern, duften süßlich und ziehen Bienen magisch an. Der Name "Springkraut" kommt vom explosiven Samenmechanismus: Bei Berührung platzen die reifen Samenkapseln auf und schleudern ihre Samen bis zu 7 Meter weit.
Warum Naturschützer Alarm schlagen
Das Problem liegt in der extremen Ausbreitungskraft der Pflanze. Eine einzige Pflanze produziert zwischen 800 und 4.000 Samen pro Jahr. Durch ihr schnelles Wachstum verdrängt sie heimische Pflanzen und kann ganze Uferbereiche dominieren. Besonders problematisch: Als einjährige Pflanze stirbt sie im Winter ab und hinterlässt kahle Böden, die dann erosionsgefährdet sind.
Verstehst du jetzt, warum diese Pflanze so polarisiert?
Die rechtliche Situation: Was Imker wissen müssen
Seit 2017 steht das Drüsige Springkraut auf der EU-Liste invasiver Arten. Das hat konkrete Folgen für uns Imker, die wir unbedingt beachten müssen.
Was ist verboten?
Die EU-Verordnung 1143/2014 verbietet klar die absichtliche Verbreitung der Pflanze. Das bedeutet für dich als Imker: Du darfst auf keinen Fall Samen aussäen oder Pflanzen anbauen.
Warum das Springkraut für deine Bienen Gold wert ist
Aus imkerlicher Sicht ist das Springkraut ein wahres Geschenk der Natur. Seine Bedeutung für die Bienenhaltung kann man kaum überschätzen.
Eine Nektarquelle der Superlative
Das Springkraut erhält in der Bewertung von Trachtpflanzen die Bestnoten: Nektarwert 4 (sehr gut) und Pollenwert 3 (gut). Der Zuckergehalt im Nektar erreicht bis zu 53% - das ist Spitzenklasse. Eine Pflanze produziert bis zu 40-mal mehr Nektar als der Durchschnitt anderer Blüten.
Die Rettung in der Trachtlücke
Nach der Hauptblüte der Linde im Sommer bricht das Nahrungsangebot oft dramatisch ein. Genau hier springt das Springkraut ein und blüht von Juli bis zum ersten Frost im Oktober. Es kann das Verhungern ganzer Völker verhindern und erspart dir oft die teure Zuckerfütterung im Spätsommer.
Basis für starke Winterbienen
Der hochwertige Pollen und reichliche Nektar schaffen ideale Bedingungen für die Aufzucht vitaler Winterbienen. Diese langlebigen Bienen müssen das Volk durch die brutfreie Zeit bringen. Mit Springkraut-Tracht gehen deine Völker deutlich stärker in den Winter.
Springkraut-Honig: Eine besondere Spezialität
Bei ausreichender Tracht kannst du sogar einen besonderen Sortenhonig ernten. Springkraut-Honig ist sehr hell, zart im Geschmack und kristallisiert nur langsam. Heimkehrende Sammlerinnen erkennst du am charakteristischen weißen "Rallyestreifen" auf dem Rücken.
Völkerführung bei Springkraut-Tracht: So machst du es richtig
Eine starke Spättracht ist Segen und Herausforderung zugleich. Mit der richtigen Völkerführung holst du das Beste heraus und vermeidest typische Fallstricke.
Das gefürchtete "Verhonigen" verhindern
Die größte Gefahr einer späten Massentracht ist das "Verhonigen" des Brutnestes. Die Bienen tragen so viel Nektar ein, dass die Königin keinen Platz mehr für die Eiablage findet. Das Brutgeschäft stoppt und die wichtigen Winterbienen können nicht mehr aufgezogen werden.
Gib deshalb rechtzeitig leere Waben in den Brutraum oder erweitere mit einem zweiten Brutraum. Kontrolliere wöchentlich, ob noch genügend freie Brutzellen vorhanden sind.
Varroa-Management anpassen
Anhaltende Bruttätigkeit bis spät im Herbst begünstigt die Varroa-Vermehrung. Schließe deine Haupt-Varroabehandlung unbedingt vor Beginn der Spättracht ab. Kontrolliere den Milbenfall auch während der Tracht regelmäßig und plane eine Restentmilbung ein.
Auf den Wassergehalt achten
Springkraut-Nektar hat oft einen hohen Wassergehalt. Prüfe mit dem Refraktometer, ob dein Honig unter 20% Wassergehalt liegt. Unreifer Honig kann gären und ist nicht verkehrsfähig.
Verantwortungsvolle Nutzung: Dein Beitrag zum Naturschutz
Als Imker stehst du zwischen den Fronten von Naturschutz und Bienenhaltung. Mit verantwortungsvollem Handeln kannst du beide Seiten respektieren.
Was du niemals tun darfst
- Samen aussäen oder Pflanzen setzen
- Pflanzenteile oder kontaminierte Erde verschleppen
So handelst du umweltbewusst
Nutze nur bereits bestehende Bestände und vermeide ökologisch wertvolle Gebiete. Reinige Fahrzeuge und Geräte nach dem Einsatz in Springkraut-Gebieten. Suche das Gespräch mit örtlichen Naturschutzgruppen und erkläre deine Situation als Imker.
Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau hat übrigens in Studien gezeigt, dass Spättrachten bei guter Völkerführung nicht schädlich für die Überwinterung sind.
Kannst du Naturschutz und Imkerei in deiner Region vereinbaren?
Fazit: Fluch oder Segen für deine Imkerei?
Das Drüsige Springkraut ist beides: ökologischer Problemfall und imkerlicher Lebensretter. Die Antwort auf die Frage "Fluch oder Segen?" lautet eindeutig: Es kommt auf dich an.
Mit der richtigen Völkerführung und verantwortungsvollem Handeln kannst du diese wertvolle Spättracht nutzen, ohne der Umwelt zu schaden. Deine Völker werden es dir mit starken Winterbienen und vollen Futtervorräten danken. Gleichzeitig trägst du durch bewussten Umgang zum Naturschutz bei.
Die langfristige Lösung liegt nicht im Springkraut allein, sondern im Schaffen vielfältiger Landschaften mit ganzjährigem Blütenangebot. Bis dahin bleibt es eine wichtige, wenn auch umstrittene Stütze für viele Bienenvölker.