Bienenrassen sicher erkennen: Der Flügel-Index macht's möglich!
Bienenrassen sicher erkennen: Der Flügel-Index macht's möglich!
Viele Imker fragen sich, welche Bienenrasse in ihren Stöcken lebt. Während dies lange Zeit als Spezialwissen galt, nutzen Fachleute heute den sogenannten Flügel-Index, um Unterschiede zwischen Dunkler Biene, Carnica oder anderen Rassen präzise zu bestimmen.
Diese Methode wird seit Jahrzehnten in der wissenschaftlichen Forschung eingesetzt und hat sich als zuverlässiges Instrument zur Rassenbestimmung etabliert.
Der Flügel-Index ermöglicht einen faszinierenden Einblick in die genetische Vielfalt von Bienenvölkern – und zeigt, wie Profis die Herkunft ihrer Bienen erforschen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Flügel-Index und wie funktioniert er?
Der Flügel-Index gilt als eine Art „Fingerabdruck“ der Bienenrassen. Er fasst drei zentrale Messwerte zusammen: den Cubitalindex, den Hantelindex und die Discoidalverschiebung. Diese beschreiben unterschiedliche Längenverhältnisse in den Flügeladern der Biene.
Besonders wichtig ist der Cubitalindex – das Verhältnis zweier Strecken im dritten Cubitalzellenfeld. Jede Bienenrasse zeigt hier charakteristische Werte: Bei der Dunklen Biene liegt der Cubitalindex meist unter 1,9, während die Carnica typischerweise über 2,0 liegt. So lassen sich Populationen morphologisch voneinander abgrenzen.
Die drei wichtigsten Messwerte erklärt
Der Cubitalindex ist die am häufigsten genutzte Kennzahl, weil sie leicht zu ermitteln ist und stabile Ergebnisse liefert. Ergänzend liefern Hantelindex und Discoidalverschiebung zusätzliche Hinweise auf rassetypische Merkmale. In der professionellen Praxis werden meist 50 bis 100 Flügel pro Volk untersucht, um statistisch belastbare Werte zu erhalten.
Die spannende Geschichte der Bienenvermessung
Die Flügelmorphometrie blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits 1876 verglich der Forscher Pollmann verschiedene Honigbienenarten, und in den 1920er Jahren begannen systematische Messungen anatomischer Merkmale. Friedrich Ruttner prägte in den 1970er- und 80er-Jahren die Methodik entscheidend und legte wissenschaftliche Standards fest, die bis heute gelten.
Mit dem Aufkommen digitaler Bildverarbeitung um die Jahrtausendwende wurde die Flügelmessung deutlich einfacher und präziser. Heute übernehmen Computerprogramme viele der Auswertungen automatisch.
Moderne Forschung bestätigt die Methode
Zahlreiche Studien haben die Zuverlässigkeit der Methode bestätigt. Forschungen in Rumänien verfolgten über Jahrzehnte genetische Veränderungen von Bienenpopulationen anhand der Flügelmorphologie. Vergleiche mit DNA-Analysen zeigen, dass morphometrische und genetische Ergebnisse häufig übereinstimmen.
So gehen Profis bei der Flügelmessung vor
In professionellen Untersuchungen werden rund 50 Arbeiterinnen eines Volkes entnommen. Nach einer schonenden Betäubung oder Tiefkühlung werden die rechten Vorderflügel präpariert und zwischen zwei Glasplatten gelegt. Diese standardisierte Vorgehensweise gewährleistet vergleichbare Ergebnisse.
Die Flügel werden anschließend eingescannt oder fotografiert, meist mit einer Auflösung von 600 dpi. Spezialisierte Software wie CBeeWing oder das deutsche Programm „Flügel-Index“ von Pexa analysieren die Aufnahmen und berechnen automatisch die morphometrischen Werte. Die Ergebnisse werden mit Referenzwerten verschiedener Rassen verglichen.
Ein Cubitalindex um 1,6 mit negativer Discoidalverschiebung weist beispielsweise auf reine Dunkle Bienen hin, während Werte über 2,0 meist Carnica-Merkmale erkennen lassen.
Typische Fehler und Grenzen der Methode
Professionelle Untersucher achten auf ausreichend große Stichproben. Zu wenige Flügel – etwa nur 10 oder 20 – führen zu unzuverlässigen Ergebnissen. Ebenso können unscharfe Aufnahmen, überlagerte Flügel oder falsche Maßstäbe Messfehler verursachen.
Auch die Interpretation erfordert Erfahrung. Einzelwerte sind nur im Gesamtzusammenhang aussagekräftig. Bei stark gezüchteten Linien können sich Abweichungen ergeben, weshalb Fachleute oft mehrere Völker pro Standort vergleichen.
Werkzeuge und weiterführende Hilfen
Zur Ausstattung gehören in der Regel ein Scanner oder eine hochauflösende Kamera, feine Pinzetten, eine scharfe Schere und Glasplatten. Für die Auswertung stehen Programme wie CBeeWing, DrawWing oder das Pexa-Flügel-Index-Tool zur Verfügung.
Als grundlegende Literatur gilt nach wie vor Friedrich Ruttners Werk zur Bienenmorphometrie. Ergänzende Informationen bieten Institutionen wie ProBiene sowie Fachzeitschriften und Schulungen vieler Imkerverbände.
Fazit
Die Flügelmessung ist eine bewährte und wissenschaftlich fundierte Methode zur Unterscheidung von Bienenrassen. Sie verbindet klassische Morphologie mit moderner Bildanalyse und bleibt ein zentrales Werkzeug professioneller Bienenforschung. Dank digitaler Hilfsmittel ist sie heute präziser und zugänglicher denn je – ein spannendes Beispiel dafür, wie Tradition und Technologie in der Imkerei zusammenwirken.