
Weisellosigkeit sicher erkennen: Warnsignale und Sofortmaßnahmen
Weisellosigkeit sicher erkennen: Warnsignale und Sofortmaßnahmen
Dein Bienenvolk summt anders als sonst? Der Polleneintrag ist plötzlich zurückgegangen? Das könnten erste Anzeichen für Weisellosigkeit sein – eine der kritischsten Situationen in der Imkerei.
Ohne Königin stirbt das Volk binnen weniger Wochen. Die gute Nachricht: Mit den richtigen Warnsignalen erkennst du das Problem früh genug.
In diesem Artikel lernst du, wie du Weisellosigkeit sicher diagnostizierst und welche Sofortmaßnahmen dein Volk retten können. Lies weiter, um zu erfahren, wie du deine Bienen vor dem sicheren Tod bewahrst.
Inhaltsverzeichnis
- Warum die Königin das Herz deines Volkes ist
- Die ersten Warnsignale: Was deine Bienen dir sagen
- Brutnest-Kontrolle: Der sichere Beweis
- Die Weiselprobe: Dein ultimativer Test
- Drohnenbrütigkeit erkennen (bevor es zu spät ist)
- Sofortmaßnahmen: So rettest du dein Volk
- Tipps nach Jahreszeit: Wann was tun?
Warum die Königin das Herz deines Volkes ist
Deine Bienenkönigin ist weit mehr als nur eine große Biene. Sie ist die alleinige Mutter des gesamten Volkes und kann bis zu 2.000 Eier pro Tag legen – das entspricht ihrem eigenen Körpergewicht! Aber ihre wahre Macht liegt in den unsichtbaren Duftstoffen, die sie produziert.
Diese Königinnensubstanz wird von ihren Hofbienen aufgenommen und im ganzen Volk verteilt. Sie sorgt für Ordnung, hemmt die Eierstöcke der Arbeiterinnen und hält das Volk zusammen. Ohne diese chemischen Signale bricht die gesamte Struktur zusammen.
Geht die Königin verloren, spüren die Bienen das sofort. Die fehlenden Pheromone lösen eine Kette von Reaktionen aus: Unruhe, Panik und schließlich den verzweifelten Versuch, eine neue Königin nachzuschaffen. Zeit ist jetzt dein wichtigster Verbündeter.
Was passiert ohne Königin?
Ein weiselloses Volk durchläuft vorhersagbare Phasen. Zuerst werden die Bienen unruhig und nervös. Dann beginnen sie mit der Nachschaffung neuer Königinnen aus vorhandenen Larven. Scheitert dieser Prozess, entwickeln sich bei einigen Arbeiterinnen die Eierstöcke – das führt zur gefürchteten Drohnenbrütigkeit.
Verstehst du diese Zusammenhänge, kannst du die Warnsignale richtig deuten und rechtzeitig handeln.
Die ersten Warnsignale: Was deine Bienen dir sagen
Die ersten Anzeichen für Weisellosigkeit sind oft subtil, aber eindeutig erkennbar. Deine Bienen kommunizieren über Verhalten und Geräusche – du musst nur lernen, ihre Sprache zu verstehen.
Das verräterische "Heulen"
Öffnest du die Beute und hörst ein lautes, aufgebrachtes Summen? Dieses "Heulen" unterscheidet sich deutlich vom ruhigen Summen eines gesunden Volkes. Es klingt klagend und aufgeregt – ein klares Zeichen für Stress und Desorientierung.
Aber Vorsicht: Auch andere Störungen können dieses Geräusch verursachen. Schlechtes Wetter oder eine lange Kontrolle können ähnliche Reaktionen auslösen.
Nervöse Bienen und zielloses Verhalten
Weisellose Bienen wirken oft nervös und desorganisiert. Sie laufen aufgeregt und scheinbar ziellos auf den Oberträgern und Waben umher, anstatt ihren gewohnten Tätigkeiten nachzugehen. Häufig bilden sie kleine, dichte Trauben oder Klumpen.
Der Polleneintrag verrät alles
Ein gesundes Volk braucht täglich große Mengen Pollen für die Brutaufzucht. Siehst du plötzlich weniger oder gar keine bunten Pollenhöschen mehr, während Nachbarvölker fleißig sammeln? Das ist ein ernstes Warnsignal.
Ohne Brut haben die Bienen keinen Grund mehr, Pollen zu sammeln. Dieser Indikator ist besonders zuverlässig, wenn andere Völker am Stand normal aktiv sind.
Denkst du, du erkennst diese Signale bei deinen Bienen? Dann ist es Zeit für den nächsten Schritt: die gründliche Brutnest-Kontrolle.
Brutnest-Kontrolle: Der sichere Beweis
Verhaltensänderungen können täuschen – das Brutnest lügt nie.
Die Suche nach den "Stiften"
Stifte sind frisch gelegte Eier – winzige, weiße Stäbchen am Zellgrund. Sie sind der Goldstandard für Weiselrichtigkeit. Mit gutem Licht und eventuell einer Lupe suchst du im Zentrum des Brutnestes nach diesen wertvollen Beweisen.
Findest du Stifte und offene Brut in verschiedenen Stadien, war deine Königin mindestens in den letzten drei Tagen aktiv. Für die meisten Routinekontrollen reicht dieser Befund völlig aus.
Nachschaffungszellen: Der Hilferuf des Volkes
Entdeckst du erdnussförmige Zellen mitten auf der Brutwabe? Das sind Nachschaffungszellen – der untrügliche Beweis für plötzlichen Königinnenverlust. Im Gegensatz zu Schwarmzellen hängen sie nicht am Wabenrand, sondern sitzen mittendrin.
Diese Notfallzellen zeigen: Dein Volk kämpft ums Überleben und versucht verzweifelt, eine neue Königin aufzuziehen.
Das Brutnest als Zeitmaschine
Die Entwicklung der Bienenbrut folgt einem festen Zeitplan: 3 Tage Ei, 6 Tage Larve, 12 Tage Puppe. Aus dem Zustand des Brutnestes kannst du daher genau bestimmen, wann der Königinnenverlust stattgefunden hat.
Siehst du nur noch verdeckelte Brut ohne Eier oder Larven, aber keine Nachschaffungszellen? Vorsicht! Hier könnte sich bereits eine unbegattete Jungkönigin im Volk befinden, die noch keine Eier legt. Ein voreiliger Eingriff würde sie töten.
Bist du dir unsicher, was du in deinem Brutnest siehst? Dann brauchst du die Weiselprobe.
Die Weiselprobe: Dein ultimativer Test
Bei unklaren Situationen ist die Weiselprobe dein wichtigstes Werkzeug. Dieser biologische Test nutzt den natürlichen Instinkt der Bienen und gibt dir 100%ige Gewissheit über den Zustand deines Volkes.
So führst du die Probe durch
Entnimm einem gesunden Volk eine Wabe mit frischen Eiern und jüngsten Larven. Kehre alle anhaftenden Bienen sorgfältig ab – du willst keine fremden Bienen übertragen. Diese "Probewabe" hängst du mittig ins Brutnest des fraglichen Volkes.
Nach 2 bis 4 Tagen kontrollierst du das Ergebnis. Die Reaktion der Bienen verrät dir alles, was du wissen musst.
Die Ergebnisse richtig deuten
Positive Probe bedeutet: Das Volk ist definitiv weisellos. Die Bienen haben begonnen, Nachschaffungszellen anzulegen. Jetzt kannst du die Bienen die neue Königin aufziehen lassen oder die Weiselzellen brechen und eine neue Königin zusetzen.
Negative Probe bedeutet: Eine Königin ist vorhanden, auch wenn sie noch nicht legt. Die Bienen bauen keine Nachschaffungszellen, weil das Pheromon der Jungkönigin den Trieb unterdrückt. Hier heißt es: Geduld haben und 1-2 Wochen warten.
Drohnenbrütigkeit erkennen (bevor es zu spät ist)
Bleibt ein Volk zu lange weisellos, führt das unweigerlich zur Drohnenbrütigkeit – dem Todeskampf des Volkes. Aber nicht jede Drohnenbrut ist gleich: Die Ursache zu kennen, entscheidet über Erfolg oder Misserfolg deiner Rettungsaktion.
Die drei Gesichter der Drohnenbrütigkeit
Buckelbrütige Königin: Hier ist noch eine Königin vorhanden, deren Spermienvorrat aber erschöpft ist. Sie legt unbefruchtete Eier in Arbeiterinnenzellen. Das Brutbild ist gemischt – normale und Drohnenbrut nebeneinander, aber geordnet.
Unbegattete Königin: Eine Jungkönigin ist zurückgekehrt, wurde aber nicht begattet. Anfangs sieht das Brutnest perfekt aus – erst nach der Verdeckelung erkennst du die buckeligen Drohnendeckel überall.
Afterweiseln: Das ist der Worst Case. Arbeiterinnen haben begonnen, selbst Eier zu legen. Das Brutbild ist chaotisch: mehrere Eier pro Zelle, Eier an Zellwänden, völlige Unordnung.
Die verräterischen Zeichen der Afterweiseln
Afterweisel-Brut erkennst du sofort an der chaotischen Eiablage. Da Arbeiterinnen einen kürzeren Hinterleib haben, können sie den Zellboden nicht richtig erreichen. Das Ergebnis: wilde Eiablage ohne System.
Die verdeckelte Brut zeigt die typischen "Buckel" – aufgewölbte Zelldeckel, weil Drohnen größer sind als Arbeiterinnen. Das gesamte Brutnest wird lückenhaft und unregelmäßig.
Siehst du dieses Bild in deinem Volk? Dann ist höchste Eile geboten – in sechs Wochen ist das Volk tot.
Sofortmaßnahmen: So rettest du dein Volk
Jetzt wird es ernst: Die Diagnose steht fest, und du musst handeln. Die richtige Methode hängt von der genauen Ursache und der Stärke deines Volkes ab. Hier erfährst du, welche Rettungsaktionen wirklich funktionieren.
Neue Königin zusetzen: Die häufigste Lösung
Für weisellose, aber gesunde Völker ist das Zusetzen einer begatteten Königin die beste Option.
Alternativ funktioniert der Kunstschwarm-Trick nutzen: 1-1,5 kg Bienen abfegen, mit der neuen Königin 2 Tage in Kellerhaft, dann in neue Beute einschlagen. Diese Methode hat eine extrem hohe Erfolgsquote.
Drohnenbrütige Völker sanieren
Bei Afterweiseln hilft nur die Abfeg-Methode. Du schüttest das gesamte Volk 30-50 Meter vom Stand entfernt auf den Boden. Die flugtüchtigen Arbeiterinnen kehren zurück, die flugunfähigen Afterweiseln bleiben zurück und gehen verloren.
Dem so "gereinigten" Volk kannst du dann eine neue Königin zusetzen. Aber Achtung: Diese Methode funktioniert nur bei starken Völkern und guten Witterungsbedingungen.
Vereinigen: Oft die bessere Wahl
Besonders für schwache oder späte Völker ist das Vereinigen mit einem starken Nachbarvolk oft sinnvoller. Mit der Zeitungsmethode legst du eine Zeitung zwischen beide Zargen. Die Bienen nagen sich durch und gewöhnen sich aneinander.
Diese Methode solltest du allerdings niemals mit bereits drohnenbrütigen Völkern durchführen.
Tipps nach Jahreszeit: Wann was tun?
Der Zeitpunkt entscheidet über Erfolg oder Misserfolg deiner Rettungsaktion. Was im Sommer funktioniert, kann im Herbst völlig falsch sein. Hier sind die wichtigsten Regeln für jede Jahreszeit.
Frühling (März-Mai): Vereinigen statt reparieren
Weisellose Völker im Frühjahr sind meist Winterverluste – schwach und ohne Zukunft. Der Versuch, sie mit einer neuen Königin zu retten, scheitert fast immer. Die Winterbienen sind zu alt, um ein neues Brutnest aufzubauen.
Deine beste Option: Sofort mit einem starken Volk vereinigen. Der Verlust wird später durch Ablegerbildung mehr als ausgeglichen.
Sommer (Juni-August): Beste Zeit für Umweiselung
Während des Haupthonigflusses (bis ca. Sonnenwende) ist die Annahme neuer Königinnen noch gut; offene Brut und junge Pflegebienen sind reichlich vorhanden.
Nach der Tracht (Juli/August) fällt die Akzeptanz spürbar ab, weil das Volk in die Belastungsphase „Trachtpause + Varroadruck“ geht. Füttere 1 : 1-Sirup, um einen künstlichen „Nektarfluss“ zu simulieren – das dämpft Räuberei und steigert die Annahmebereitschaft.
Eigennachzucht: Nur bis etwa 20. Juli starten (Drohnen!), sonst besser eine begattete Königin zusetzen.
Achtung Fehldiagnose: Brutpausen nach TBE/AS-Behandlung oder stille Umweiselung können wie Weisellosigkeit aussehen; Weiselprobe schafft Klarheit.
Herbst (September-Oktober): Vorsicht vor Fehldiagnosen
Im Herbst ist eine Weiselprobe besonders wichtig. Viele Königinnen machen nur eine natürliche Legepause – keine echte Weisellosigkeit. Eine voreilige Umweiselung wäre fatal.
Das Umweiseln wird wieder leichter, weil kaum offene Brut da ist und der Volksduft homogener wird.
Nur starke, nachweislich weisellose Völker haben noch eine Chance auf Sanierung. Schwache Völker müssen konsequent aufgelöst werden – sie überleben den Winter ohnehin nicht.
Fazit: Weisellosigkeit meistern
Weisellosigkeit zu erkennen und zu behandeln, gehört zu den wichtigen Fähigkeiten in der Imkerei. Mit den richtigen Warnsignalen erkennst du das Problem früh. Die Brutnest-Kontrolle gibt dir Gewissheit, und die Weiselprobe eliminiert jeden Zweifel.
Denk daran: Nicht jedes weisellose Volk muss gerettet werden. Manchmal ist das Vereinigen oder Auflösen die bessere Entscheidung für die Gesundheit deines gesamten Bienenstandes.